Manche Fahrer geben das Steuer geradezu aus der Hand. Sie orientieren sich stark an dem, was die Mitfahrer sagen, oder an anderen Verkehrsteilnehmern. Wer ist hier eigentlich der Fahrer?

Gruppendruck am Steuer

Das Verhalten im Straßenverkehr hängt stark von sozialen Einflussgrößen ab. In Gruppensituationen kann sich die Risikobereitschaft des Einzelnen beträchtlich erhöhen. Befragungen ergaben, dass jugendliche Autofahrer schneller, abgelenkter und „lockerer“ fahren, wenn jüngere und gleichaltrige Mitfahrer anwesend sind. Deutlich ältere Mitfahrer führen eher zu einer aufmerksameren und vorsichtigeren Fahrweise. Auch Beobachtungen in Motorradclubs legen nahe, dass beim Fahren in Gruppen die Risikoneigung höher als bei Einzelfahrten sein kann.

In Gruppensituationen kann der Fahrer die Verpflichtung erleben, den tatsächlichen oder vermuteten Erwartungen der Mitfahrer nach einem zügigen und souveränen Fahrstil nachzukommen. Er kann dazu neigen, in riskantem Fahren eine Möglichkeit zu sehen, Mitfahrern seine Kompetenz unter Beweis zu stellen und größere Anerkennung und Bewunderung zu erreichen.

Anfänger mit wenig Erfahrung tendieren dazu, bei der Interpretation von Verkehrssituationen auch auf Vorschläge ihrer Mitfahrer zu hören. Wenn diese ausgelassen und fröhlich zu schnellerem Fahren auffordern, kann der Fahrer zur Einschätzung kommen, die Situation sei ungefährlich.

Wie das eigene Verhalten durch das Verhalten anderer beeinflusst wird, zeigt folgendes Beispiel: Wer auf schneebedeckter Fahrbahn oder bei Nebel von vielen Fahrern überholt wird, erhöht automatisch die eigene Geschwindigkeit.

Lassen Fahrer sich zu riskantem Fahren verleiten, grenzen sie sich nicht genügend gegen Mitfahrer oder andere Fahrzeugführer ab. Sie geben ihre Selbstbestimmung auf und das Steuer aus der Hand. Sie beugen sich dem „Druck“ der anderen. Obwohl sie am Lenkrad sitzen, lassen sie sich von anderen „fahren“. Sie legen ihr Schicksal in die Hände eines anderen.


Ziele

Die Schüler sollen …

  • lernen, dass sich Fahrer durch Mitfahrer oder andere Verkehrsteilnehmer zu riskantem Verhalten hinreißen lassen.
  • erkennen, dass viele Fahrer Entscheidungen nicht selbst treffen, sondern das Steuer gleichsam aus der Hand geben.
  • darüber nachdenken, ob sie in Anwesenheit von Mitfahrern zu einer riskanteren Fahrweise neigen.

Arbeitsblatt

Die in Mitfahrersituationen wirksamen gruppendynamischen Prozesse lassen sich durch die Besprechung des Arbeitsblattes „Wer ist hier eigentlich der Fahrer?“ herausarbeiten.

Zur Vertiefung eignen sich folgende Fragen:

  • Was ist Ihnen lieber? Allein zu fahren oder Mitfahrer dabeizuhaben?
  • Hat es Auswirkungen auf Ihre Fahrweise, wenn Sie von Mitfahrern gelobt werden?

Es bietet sich an, die Problematik auch aus der Sicht des Mitfahrers betrachten zu lassen.

(Konzept nach: Michael Geiler: „Risiko und Risikoverhalten“, in: Jugend & Verkehr. Projekte für die Sekundarstufe II, hrsg. von der Deutschen Verkehrswacht, Meckenheim 1998, Heft 5, S. 13)